Besen und Schaufel in einem Stall

Der Traumberuf „Fotograf:in“ und dessen Wertschätzung

Es ist so einfach ein:e Fotograf:in zu werden, aber es ist so schwer ein:e zu bleiben.

Magdalena Stockschläder

Was kann schöner auf diesem Planeten sein, als seinem Herz zu folgen und seinen Traumberuf wahr werden zu lassen? Es gibt wenig, was so erfüllend und leidenschaftlich ist, wie diesen Schritt zu wagen. Meist werden wir in diesem Gedanken bestärkt durch die Unterstützung und Wertschätzung unserer Familie und Freund:innen, die uns sagen, dass wir das Fotografieren so richtig gut können. Und das ist tatsächlich wunderschön, so soll es sich anfühlen.

Ein kreativer Weg, um verstanden zu werden

Auch bei mir war es so. Mit einer Ausnahme: Ich wollte gar keine Fotografin werden. Nein, ich wollte Malerin werden. Ich habe schon immer viel gezeichnet und ich wollte eine Künstlerin sein. Ja, als Teenager war das mein Traumberuf. Etwas Wunderbares zu kreieren, meine eigenen Emotionen zu verarbeiten, ein Ventil zu finden, um all das auszudrücken, was in mir gebrodelt hat. Reden konnte ich nie wirklich gut. Ich fühlte mich sehr oft missverstanden und ignoriert. Dabei steckte in mir so viel mehr. Ich wollte, dass es endlich raus kann, dass es endlich gesehen wird.

Der eigene Boss und die unendliche Welt der Selbsterfüllung

Wie ich zur Fotografie kam, habe ich schon in einem meiner vorherigen Blogeinträge beschrieben, aber ich habe nie erzählt, wieso ich eigentlich mein eigener Boss sein wollte. Ich habe nämlich in allen anderen Berufen als Angestellte „versagt“. Ich bin immer an diesen einen Punkt gekommen: In jedem Job, wo ich eine Ungerechtigkeit oder mangelnde Wertschätzung erfahren habe, konnte ich das einfach nicht so stehen lassen und das war dann meist auch das Ende meiner Geschichte dort. Denn genau die Wertschätzung ist für mich essenziell, wenn es um die Arbeit geht. Schließlich verbringen wir damit eine unfassbar lange Zeit in unserem Leben.

Der Wunsch endlich Wertschätzung zu erfahren

Den haben wir alle. Egal in welchem Beruf, man möchte gesehen werden und belohnt für das, was man macht. Viele Menschen in meinem Umfeld geben alles für ihre Arbeit. Besonders die selbstständigen Personen stoßen so oft an ihre Grenzen. Wieso eigentlich? Schließlich haben sie doch gerade eben ihren Traum zum Beruf gemacht? Das müsste doch jetzt so sein wie auf einem Ponyhof. Ahh, alle Stallbesitzer:innen werden mich für diesen Vergleich so lieben. Besonders, wenn sie nach einem Tag auf dem „Ponyhof“ todmüde ins Bett fallen. Die Realität lässt schön grüßen.

Die Fotografie als das ewige Hobby

Bei fast allen Menschen (außer denen, die selbst in Fotografie-bezogenen Branchen arbeiten) wird sie als nicht mehr, als ein wunderbares, kreatives Hobby angesehen. Ich zitiere immer sehr gern ein Gespräch mit meiner Oma, um zu verdeutlichen, welchen Status die Fotografie für viele hat. Als sie mich mal fragte, welcher Beschäftigung ich in Deutschland nachgehe, antwortete ich, dass ich eine Fotografin sei. Sie fragte dann noch nach, was ich denn aber bitte beruflich machen würde… Genau das erklärt in Kürze, was die meisten Menschen über Fotografie denken. Schön, ein paar Fotos machen, das kann doch wirklich jeder.

Mein vollster Respekt für wahrhafte Hobbyfotograf:innen

Mit meinem heutigen Blog will ich auf gar keinen Fall sagen, dass Hobby-Fotografie etwas Schlechtes sei. Ganz im Gegenteil. Mein größter Respekt gilt denen, die ihr Hobby ausüben, ohne gleich dafür Geld zu nehmen oder es in einen Beruf umzuwandeln. Pure Kreation und Erschaffung ohne Druck und Vorgaben. Die absolute Freiheit. So sehe ich alle talentierten Hobbyfotograf:innen. Für mich hat ihr Können nämlich mit der Bezeichnung „Hobbyfotograf:in“ nichts zu tun. Ich kenne viele Hobbyfotograf:innen, die besser sind als eine große Anzahl an „Profis“.

Profis über Profis

Und wenn wir schon bei den Profis sind. Wie sieht es eigentlich aus mit der Wertschätzung unter den Fotograf:innen selbst? Ich habe vor einiger Zeit den Vergleich in den sozialen Netzwerken publiziert: Stellt euch vor, ihr werdet selbst zu Kund:innen. Wie oft bucht ihr selbst eine:n Fotograf:in? Was würdet ihr dafür ausgeben? Welcher Umfang des Fotoshootings wäre euch was wert? Die Antworten, die ich dort bekommen habe, haben mich sehr oft überrascht. Viele machen es gar nicht, weil sie es doch selbst können (und doch nicht wirklich machen), viele haben den Preis für das Fotoshooting sehr niedrig gehalten oder sind überhaupt nicht auf die Idee gekommen, sich selbst mal in Kund:innen-Position zu versetzen.

Wie soll die Welt uns ernst nehmen, wenn wir es selbst nicht tun?

Auch die Preiskalkulation wird von vielen meiner Kolleginnen und Kollegen nur sehr grob oder sogar überhaupt nicht gemacht. Man orientiert sich eher an den anderen, statt die eigene Situation zu analysieren und anzupassen. Nicht jeder muss in jedem Preissegment arbeiten, aber es sollte bewusst und vor allem realistisch berechnet werden, und nicht aufgrund von visueller Anpassung an die Preise der anderen. Dadurch entsteht auch ein sozialer und vor allem globaler Gedanke, dass man als Fotograf:in keine großen Ausgaben hat und als Folge wird der Beruf auch nicht ernst genommen.

Das darf einfach nicht so sein

In manchen Ländern verdienen Fotograf:innen mehrere tausend Dollar und Euro pro Fotoshooting. Sie verkaufen unzählige Prints und werden oft wertschätzend publiziert. In Ländern, in denen noch mehr Bevölkerung lebt als bei uns in Europa. Damit will ich sagen, dass auch dort sehr viel „Konkurrenz“ vorhanden ist. Und trotzdem wird der Beruf „Fotograf:in“ als ein künstlerischer angesehen und akzeptiert. Die Preise werden bezahlt und es wird darüber nicht diskutiert. Es wird wertgeschätzt, was neben dem Fotoshooting selbst passiert. Und es passiert enorm viel.

Fotografie ist nicht nur das „Klicken“

Wer denkt, dass die Aufgabe des Fotografierens mit dem Einpacken der Kamera zurück in die Fototasche endet, liegt falsch. Denn schon vor dem Shooting und auch danach passiert noch so viel. Es ist etwas mühsam immer wieder zu erklären, was alles dahinter steckt, damit jede:r versteht, dass unsere Preise nicht aus dem gelangweilten Wunsch entstehen, etwas dazuzuverdienen, sondern aus einer Berechnung, wie wir den Monat finanziell überleben können. Denn genauso wie der Rest der Bevölkerung müssen wir Essen, Miete, Rechnungen, Krankenkasse, Steuern, Versicherungen, Softwarenutzung, Ausrüstung, Weiterbildung, etc. bezahlen.

Der Drache auf seinem Goldschatz

Wenn man sich einzelne Preise für ein Fotoshooting bei Berufsfotograf:innen anschaut, kommt man bestimmt schnell zu dem Gedanken, dass er/sie/es wie ein Drache über seinem Goldschatz wacht und in Luxus schwimmt. Ich kenne wirklich nur vereinzelt Fotograf:innen auf der ganzen Welt, die das von sich behaupten können und sie verlangen auch mehrere tausende Euro pro Bild. Die Preise der Fotograf:innen, die es gewagt haben, ihre Preise zu kalkulieren und genau zu berechnen, wie viel sie verdienen müssen, um zu überleben, reichen genau dafür aus und nicht um einen Cent mehr für einen Luxuskauf.

Dauer der Dinge

Ich liebäugele zum Beispiel schon lange mit einem neuen Handy. Das kostet aber fast 800 Euro. In diesem Jahr wird mir der Kauf finanziell nicht möglich sein. Und dann kam mir der Gedanke, dass so viele ihre Handys alle 2 Jahre wechseln. Und dann kam der nächste Gedanke. Die Fotos, die bleiben ja ewig. Wenn man sie gut speichert oder druckt, kann man ja wirklich lange davon profitieren. Und das Beste ist: je älter sie werden, desto wertvoller werden sie, da vielleicht das ein oder andere Model nicht mehr unter uns ist. Und trotzdem sind 400 Euro oder mehr für ein Fotoshooting zu viel?

Die Kapazitäten beachten

Dazu kommt noch eine Überlegung. Ein:e Handyverkäufer:in kann hunderttausend Handys an einem Tag verkaufen. Aber man kann nicht sehr viele Fotoshootings an einem Tag, in einer Woche oder in einem Monat machen. Um eine bestimmte Leistung und eine entsprechende Qualität zu gewährleisten, können Fotograf:innen einfach keine Massenabfertigung machen. Kein:e Kund:in der Welt wünscht sich monatelang auf die Fotos zu warten. Das heißt, man kann nur eine sehr begrenzte Zahl an Shootings im Monat machen, um den Kund:innen und sich selbst gerecht zu werden.

Ein Bild gleich nicht dem anderen

Ich finde noch ein Phänomen zum Thema mangelhafter Wertschätzung unseres Berufes faszinierend. Unglaublich viele Menschen finden, dass ein Haus ohne Wanddekoration in Form eines Bildes nicht schön ist. Trotzdem sind sie eher bereit, ein millionenfach kopiertes Bild im „Schnäppchenjägerladen“ zu kaufen, als ein persönlicheres Bild professionell anfertigen zu lassen. Oder die Firmen und Verlage, die gerne bei Stock-Agenturen ihre Fotos kaufen, wo die Fotograf:innen einfach 1 Cent pro Verkauf bekommen. Alle wollen schönen Fotos haben, aber niemand möchte dafür bezahlen. Das tut irgendwie schon weh und mit Wertschätzung hat das überhaupt nichts zu tun.

Dienstleistung ist Vorleistung

Und noch einen Punkt muss ich unbedingt ansprechen. Wir Fotograf:innen werden sehr oft beklaut. Ich spreche hier nicht über den offensichtlichen Diebstahl der Ausrüstung, sondern über die Nichtbezahlung von erbrachter Leistung. Ich kann mir einfach kaum vorstellen, dass wir in einen Frisiersalon gehen und danach nicht bezahlen. Oder bei Handwerker:innen die Rechnung nicht begleichen. Bestimmt passiert das ab und zu auch in diesen Berufen, aber bei Fotograf:innen wird es zur Normalität. Es wäre wahrscheinlich halb so schlimm, wenn wir ein Unternehmen führen würden, das große Ersparnisse besitzt und nicht auf das aktuelle Einkommen angewiesen ist. Aber wie schon oben gesagt, die Preise sind knapp kalkuliert. Wenn also eingeplante Einnahmen fehlen, wird es unlustig am Ende des Monats.

Die wertschätzenden Kund:innen

Zum Glück ist die Mehrheit derjenigen, die sich für ein Fotoshooting entscheiden, eben doch so. Ich würde mir nur wünschen, dass wir uns auf Augenhöhe begegnen und nicht die gesellschaftliche und finanzielle Dissonanz ausnutzen. Ein:e Fotograf:in, die gut schlafen kann, nicht erschöpft ist und sich weniger Sorgen um die Zukunft macht, ist viel kreativer und produktiver! Gebt uns die Chance leben zu können und sich nicht schämen zu müssen, diesen Beruf für uns gewählt zu haben. Und uns nicht zwingen zu müssen, einen anderen Beruf nebenbei auszuüben, um die Rechnungen im Monat zu bezahlen.

Wir wünschen uns doch alle das Gleiche

Eure Geschichten mit Licht aufzuschreiben und eure Leidenschaft zu begleiten auf bestmöglichem Wege. Sich Zeit zu lassen für eure Wünsche und Respekt für euer Leben. Sich liebevoll als beste Freund:innen zu begegnen und nicht als Feinde. Das könnte man für so viele Berufe übersetzen und ich bin mir sicher, du hast einen davon. Es gibt leider aber keine Streik-Möglichkeiten für selbstständige Fotograf:innen, da wir uns den Respekt und die Wertschätzung einzeln bei allen Kund:innen neu erarbeiten müssen.

Die Mentalität, die sich ändern muss

Wenn wir nicht heute etwas unternehmen, wird es für immer so bleiben, wie es ist. Egal, ob es um unseren Planeten und das Klima geht oder einzelne Personen und ihre Berufe. Wir wollen alle nachhaltiger leben, bewusster und wertschätzender. Wenn wir dazu bereit sind, Produkte in toller Qualität zu kaufen, die unser Leben nur kurzfristig bereichern und glücklich machen, dann erkennt es bitte auch an, dass wir für die Dienstleistung wertgeschätzt werden, die so eine unglaublich lange Dauer und den gleichen Mehrwert hat. Vielleicht fangen wir bei uns selbst an. Mit gut kalkulierten Preisen, mit mehr nachhaltiger Arbeit, mit mehr Raum für Respekt und gegenseitige Liebe.

Und noch ein Wort an dich liebe:r Fotograf:in

Der Weg der Selbstständigkeit wird alles von dir fordern. Sowohl emotional, finanziell als auch psychisch und physisch. Du stößt mehrmals an alle mögliche Grenzen deines Körpers und Geistes. Deswegen frag dich ganz genau, ob du dafür bereit bist. Und wenn ja, dann willkommen im Club. Dieser Weg wird nicht einfach sein, aber am Ende jeden Tages wird es ein Bild in deinem Kopf geben, das dich dazu ermutigt weiter zu machen.

Zum Newsletter anmelden

Verpasse keine wichtigen Termine, Aktionen oder neue Produkte im Shop.

Ihre E-Mail-Adresse wird nur genutzt, um Ihnen unseren Newsletter zuzusenden. Auf unsere Datenschutzerklärung wird insoweit verwiesen. Sie können sich jederzeit wieder von unserem Newsletter abmelden.

Facebook
Email
WhatsApp
Twitter
LinkedIn

2 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Pflichtfelder sind mit * markiert.

Beitragskommentare