Shetlandponys vom Elsensee – Eine Geschichte von Leidenschaft

Es ist Spätfrühling und ungewöhnlich kühl für diese Jahreszeit. Die Gräser, sattgrün und voller Leben, bewegen sich rhythmisch mit dem Wind, als wollten sie ihn nachahmen. Es ist sanft und ruhig hier auf der Weide. Während ich den Moment in vollen Zügen genieße, kommt die kleine Moonshadow (Shetlandpony Stutfohlen) neugierig vorbei und pustet mir warme Luft aus ihren Nüstern in die Haare. Fast kullern mir Tränen übers Gesicht, so schön und innig ist dieser Moment. Ich halte meine Kamera etwas fester und erinnere mich, warum ich fotografisch eine Pferdzucht von Shetlandponys begleite.

Fotografische Begleitung eines Züchters

Schon zu Beginn meines beruflichen Weges habe ich mich als Pferdezüchter-Fotografin ausgeschlossen. Schnell bemerkte ich, dass die Standards für Verkaufsfotos sich deutlich von denen in der Hundeszene unterscheiden. Damals kannte ich noch nicht viele Züchter und wurde oft mit unschönen Aspekten dieser Szene konfrontiert. Als Nicht-„Pferde-Mensch“ sieht man Dinge, die Pferdemenschen manchmal nicht ansprechen wollen. Unbequeme Fragen, die man gerne wegdenkt.

Züchtererfahrung

Vor Jahren durfte ich selbst Züchterin sein, daher ist mir das Prinzip einer Zucht nicht fremd. Ich habe mich in die Hunderasse Rhodesian Ridgeback verliebt und mit diesen damals noch wenig bekannten Hunden meine Erfahrungen gesammelt. Wir hatten zwei wunderbare Würfe von meiner geliebten Shona, doch dann entschieden das Schicksal und meine Intuition, diesen Weg nicht weiterzugehen.

Geeignet für die Zucht

Eine der mich am meisten störenden Dinge war, die Tiere als „Produkt“ zu sehen und sie nicht als Individuen zu betrachten. Jedes Mal, wenn ich hörte, dass ein Tier ein neues Zuhause suchen musste, weil ein weißer Fleck größer geworden war oder die Statur nicht dem Standard entsprach, blutete mir das Herz. Ich sah in die Augen eines „geliebten“ Hundes, der die Welt nicht verstand – warum musste er plötzlich weg von seinem Rudel, obwohl er so lange dort gewesen war?

Gesundheit geht vor

Für mich entschied das Schicksal. Viele gesundheitliche Faktoren kamen ans Licht, und es war klar, die Zuchtgedanken einzustellen. Ich dachte keine Sekunde daran, meine Hunde aus diesem Grund wegzugeben. Viele Züchter hätten es getan, denn ein Hund mit Fehlern hat in der Zucht nichts zu suchen. Für mich war klar, dass „die Zucht“ zweitrangig ist und die Trennung von meinen vierbeinigen Kindern nicht in Frage käme.

Dramatisches Ende

Die Geburt des zweiten Wurfes von Shona endete mit einem Kaiserschnitt. Nicht weiter schlimm, könnte man denken, aber für mich war es ernüchternd zu sehen, was passieren könnte. Meine geliebte Hündin war in einer Lage, die mir das Herz brach. Dieses Leid hatte ich ihr angetan. Es war meine Entscheidung, dass sie Mutter sein sollte. Sie war eine fantastische Mutter, auch ohne Welpen, aber ich wollte nie wieder diese Entscheidung für sie treffen. Es fühlte sich einfach falsch an.

Vom Hund zum Pferd

Auch meine ersten Einblicke in die Pferdeszene und deren Zucht hinterließen den Eindruck, dass es mehr um Geld und Konservatismus als um die Tiere selbst ging. Es hat mich immer gestört, Tiere als Gegenstände zu betrachten und ihnen die Möglichkeit zu nehmen, autonom zu leben und sich auszudrücken. Alles für die Tiere zu entscheiden, ihr Leben genau zu planen und keinen Raum für eigene Entscheidungen zu lassen, erschien mir undenkbar.

Nicht gesucht, aber gefunden

Vielleicht war das der Grund, warum ich nie wirklich in die Pferdezuchtszene rutschen wollte. Doch das Schicksal wollte mir zeigen, dass es auch anders geht. Aneka tauchte in meinem Leben auf und brachte einen Korb voller Shetlandponys mit. Sie zeigte mir, dass Zucht auch anders sein kann: bewusst, mit klaren Regeln, aber auch mit viel Platz zur Entfaltung und Verständnis für die Pferde und ihre Persönlichkeiten.

Wie alles mit den Shetlandponys begann

Vor Corona durfte ich Aneka und ihre hübschen Pferde im Rahmen eines Moorspecials-Events kennenlernen. Ihr Engagement und ihre Zuverlässigkeit beeindruckten mich sehr und hinterließen einen positiven Eindruck. Auch ihre Pferde waren zufrieden, entspannt, gesund und munter. Es war eine Freude, sie zu fotografieren.

Shetlandpony Zucht for Beginners

Dank Aneka und unseren unzähligen Gesprächen habe ich viele Insider-Informationen über die Pferdezucht bekommen. Ich durfte die schwangeren Stuten fotografisch begleiten, junge und erwachsene Hengste kennenlernen und zum ersten Mal auch ein eintägiges Fohlen fotografieren – und danach viele weitere. Es ist etwas Besonderes, die Herdendynamik aus nächster Nähe zu erleben, von den Jüngsten bis zu den Großen.

Rückzugsort

Schnell konnte ich diese wunderbare Energie spüren. Es war anders dort. Es fühlte sich nicht nach einem Ort voller Zuchtpferde an, sondern als wäre ich unter wilden Pferden. Naturbelassene Weiden, Pferde, die ihre eigenen Persönlichkeiten entwickeln und zeigen dürfen. Die Grenzen, sowohl vom Mensch als auch vom Tier, wurden klar gesetzt und respektiert. Vor allem, weil auf beiden Seiten auch Kinder dabei waren, und es funktionierte.

Shetlandpony Wiese als Lernort

Nicht nur aus der Perspektive der Pferdezucht hat mich diese Erfahrung geprägt. Aneka und ihre Vision der Pferdezucht haben es mir ermöglicht, auch meine Sicht auf Pferde zu verändern und viel zu lernen – über Pferde, über Grenzen, über meine eigene Sicht auf die Tierfotografie. Diese Zeit zeigte mir, dass wir nichts erzwingen müssen, um wunderschöne Bilder zu kreieren.

Fohlenzeit

Besonders in der Fohlenzeit schlug mein Herz schneller. Man weiß, dass man in dieser Zeit nichts planen kann. Alles kommt, wie es will, und man darf nichts erzwingen. So gingen wir auch in die Shetlandpony Fohlensaison. Mein absolutes Highlight war die fotografische Begleitung des erst ein paar Stunden alten Fohlens Starchaser vom Elsensee. Es war magisch zu erleben, wie es das erste Mal die Sonne begrüßt, das nasse Gras erfährt und von seiner Mama behütet wird.

Der Shetlandpony-Hengst kommt

Auch die Beobachtung, wie die „Papas to be“ zusammen mit den Stuten auf großer Weide geführt werden, war höchst interessant. Meine erste Erfahrung in diesem Bereich hatte ich vor ein paar Jahren in Schweden gemacht, und es war alles andere als schön zu beobachten. Diesmal war ich positiv überrascht, wie es auch anders aussehen kann. Es ging nicht um den Deckakt selbst, sondern darum, wie die Stuten den jungen Hengst aufnahmen und in die Herde integrierten.

Pferdezucht kann auch sanft sein

Die vielen Fotoshootings mit Aneka haben mir gezeigt, dass Pferdezucht auch sanft und artgerecht geführt werden kann. Nach dem Motto „Alles darf, aber nichts muss“. Ohne Erwartungen und Zwang. Einfach Träume erfüllen und groß denken. „Out of the box“. Es hat mir gezeigt, dass die Arbeit mit einem Pferdezüchter richtig Spaß machen kann und soll. Denn nur wer das Tierwohl priorisiert, wird langfristig und nachhaltig Erfolg haben.

Die Einstellung zählt

Was mich am meisten überzeugt hat, ist Anekas Einstellung zu ihrer Zucht. Sie handelt immer im Interesse der Tiere und gibt sich weder mit halben Ergebnissen zufrieden, noch mit der Meinung anderer. Sie geht ihren Weg, auch wenn er für viele unbequem erscheint. Ihre ständige Neugier nach neuem Wissen und alternativen Möglichkeiten, die Zucht noch artgerechter zu gestalten und den Pferden auf vielen Ebenen zu helfen, beeindruckt mich sehr. Sie möchte die Pferde verstehen, und das ist auch mein größter Wunsch – auf eine ganz eigene, fotografische Weise.

Shetlandpony Zucht, wo man auch alt sein darf

In letzter Zeit wächst mein Wunsch, ein altes Tier zu fotografieren. Mir ist aufgefallen, dass ich noch nie eine alte Kuh oder ein Schweinchen fotografiert habe. Auch bei den Pferden wird es knapp, wenn es um Zuchttiere geht, denn wenn sie nicht mehr zuchttauglich sind, wird ihnen oft ein neues Zuhause gesucht. Doch auch hier hatte Aneka eine Überraschung für mich. Auch wenn ihre Zuchttiere noch relativ jung sind, werden manche bis zu ihrem letzten Atemzug bei ihr bleiben. Dieses verantwortungsvolle Denken und Handeln geht mir direkt ins Herz und lässt den Wunsch wachsen, dass auch wir gemeinsam alt werden – ich mit meiner Kamera und Aneka mit einem Ponyhalfter in der Hand.

The Wind of Change

Ich spüre, dass Aneka nicht die Einzige ist, die diesen herausfordernden, aber auch wunderschönen Weg pro Tier gegangen ist. Ich merke es auch in der Tierfotografie-Szene und sogar an meinem eigenen Verhalten. Neue Erkenntnisse im Einklang mit der eigenen Intuition. Ich wünschte, ich könnte alle finden, die diese grandiose Wandlung mitmachen oder schon gemacht haben und ein Beispiel für uns alle sein können. Unsere Sicht auf die Tierwelt ändert sich, und es ist wunderschön.

Epilog

Es ist Zeit, nach Hause zu gehen. Die Fohlen werden müde, und die Mutties geben Bescheid, dass sie auch ihre Ruhe haben möchten. Das respektieren wir und gehen langsam zurück. Der Hengst beobachtet uns noch eine Weile, um sicherzugehen, dass wir es geschafft haben. Moonshadow schaut noch einmal in meine Richtung, nachdem sie meinen ganzen Rucksack abgeknabbert und meine Hände zum Kratzen genutzt hat. Mach dir keine Sorgen, Kleine, ich komme bald wieder. Denn in diesem vom Wind tanzenden Gras auf der Shetlandpony Wiese, ist ein Stückchen meines Herzens geblieben.

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