Wenn der Kindertraum ein Lebensweg wird
Seit ich denken kann, waren Haustiere meine große Leidenschaft. Noch lange bevor ich selbst einen Hund hatte, habe ich meine armen Kuscheltiere an der Leine durch die Gegend gezogen und bin mit ihnen Gassi gegangen. Auch mein Kinder-Fahrrad wurde zum schönsten Friesenhengst, der mich durch die Fußgängerzone um die Blocks trug. Auf ihm wurden für mich aus den damaligen Hochhäusern Berge und Weiden und wir waren so schnell wie der Wind… Keiner konnte es so richtig verstehen, aber das war mir egal. Ich konnte ja nicht ahnen, wie weit mich diesen Traum bringen würde. Und nach jahrelanger Erpressung durch mich, hat meine Mama mir schließlich erlaubt, einen Hund zu haben. So kam Sonia in unser Leben – eine Bayerische Gebirgsschweißhündin. Bei ihr habe ich alles falsch gemacht, was man bei einem Hund falsch machen kann. Nichtsdestotrotz war sie meine beste Freundin und für 13 Jahre Lebensbegleiterin und große Lehrerin.
Schulgalerie, die Lebensretterin
Früh habe ich gemerkt, dass Malbücher so viel mehr für mich bedeuten als für andere. Ich konnte stundenlang basteln und als mir gezeigt wurde, wie man Farbgradienten anwendet, verlor ich mein Herz endgültig ans Zeichnen, Malen und Co. In der Schule konnte ich kaum ein Heft unbemalt lassen, was meine „nicht-Kunst-Lehrer:innen“ immer geärgert hat. Aber auch das war mir egal. Mein Hund Sonia wurde zu meinem Topmodel und sehr oft von mir gezeichnet. Dann kam das Gymnasium, auf dem ich endlich in einer Schulgalerie mithelfen konnte. Oh ja, die Vernissagen, Ausstellungen und Projekte waren das Einzige, worauf ich mich wirklich gefreut habe. Leider gab es damals bei uns keine richtigen Kunstschulen für Jugendliche und vielleicht war auch meine Mama nicht mutig genug, um zu erkennen, dass das genau meine Welt ist. Alle Eltern wollen, dass ihre Kinder in der Zukunft gut und sicher leben können und Kunst ist bekanntlich nicht der sicherste Hafen der Welt.
Von der Malerin zur Fotografin
Als ich nach der Schule meinen Weg suchte, war ich mir sicher: Es muss Kunst sein! Wie bitter war die Zeit, in der ich Jahr für Jahr von der Universität abgewiesen und nicht an der Kunstakademie angenommen wurde. Ich wollte doch nur malen! Bei nur sechs Plätzen pro Jahrgang waren bedauerlicherweise immer irgendwelche Personen besser als ich. Ein Jahr schaffte ich es sogar durch das Portfolio Review und die praktische Prüfung. Leider hat mich dann die Kunstgeschichte zerlegt. Ja, in Polen war es extrem schwer einen Platz an der Kunstakademie zu bekommen. So gingen meine Träume nicht in Erfüllung. Aber in der Zwischenzeit arbeitete ich hart daran, andere Gebiete der Kunst zu erkunden und so kam ich auch zur Fotografie. Nach zwei Jahren Berufsschule durfte ich mich eine ausgebildete Fotografin nennen. Auch wenn ich mir heute nicht mehr sicher bin, ob ich das noch mal machen würde, wurden uns viele Bereiche der Fotografie und Kunst gezeigt. Wir durften sogar unsere Filme noch selbst entwickeln. Diese Fähigkeit benötige ich zwar in meiner praktischen Arbeit nicht mehr, aber dass ich mich mit der Materie auseinandersetzen durfte, hilft mir bis heute viele Prozesse zu verstehen.
Wieso ich euch das alles erzähle?
Damit ihr nachvollziehen könnt, wie ich zu dem Menschen geworden bin, der ich heute bin. Vielleicht erkennst du dich selbst darin, vielleicht wirst du mich besser verstehen können, was für mich die Tiere und die Fotografie bedeuten. Ich habe nach der Ausbildung lange Jahre nicht viel fotografiert, da ich mir einreden ließ, ich sei keine Künstlerin. Dazu kam auch, dass wir nie wirklich viel Geld hatten, und die Fotografie damals noch extrem teuer war. Ich habe Kulturwissenschaft studiert und mit dem Bachelor abgeschlossen. Um das Ganze zu finanzieren, habe ich viele Jobs gemacht, unter anderem als Helferin in einer Tierpraxis. Das hat mich wieder näher zu den Tieren gebracht und ein halbes Jahr nach dem Tod meiner geliebten Sonia, kam meine Shona als erste Rhodesian Ridgeback-Hündin in mein Leben. Mit ihr habe ich versucht, alles richtigzumachen. Vielleicht sogar zu richtig, denn plötzlich landete ich in einem Züchterverein und Hundeausstellungen wurden zu meinen Wochenend-Beschäftigungen.
Rassehunde und Co.
Auch wenn ich heute nicht mehr Hunde züchten würde, so hat mich diese Leidenschaft auch viele Jahre begleitet und mich super viel gelehrt. Wir durften mit Shona zwei wunderbare Würfe erleben und die ganz eigene Welt der Hundezucht kennenlernen. Ich bereiste die Welt, um an Hundeausstellungen und rassebezogenen Konferenzen teilzunehmen. Es war schon immer so: Für mich gibt es keine halben Sachen. Wenn ich etwas mache, dann aber richtig. In dieser Zeit durfte ich wunderbare Menschen kennenlernen und wahre Freundschaften schließen, aber auch ziemlich üble Geschichten erleben und Leute sehen, die ihre Hunde überhaupt nicht hätten haben dürfen. Die Hundezucht hat mir gezeigt, wie die Menschen wirklich sind und das hat mich noch näher zu den Tieren gebracht. Aus meinem eigenen Wurf behielten wir LeeLoo, meine absolute Seelenhündin, die mich bis 2021 begleitet hat.
Hallo Deutschland
Als ich nach Deutschland kam, konnte ich weder gut Deutsch sprechen, noch hatte ich eine klare Vision von meiner Zukunft. Jahr für Jahr arbeitete ich an verschiedenen Orten, von der Putzfrau zur Angestellten in einer Apotheke bis hin zur Jeans-Verkäuferin und Showtrainerin für Hundeausstellungen. Aber all das machte mich immer unglücklicher, bis ich beschloss, mein Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. Die ersten digitalen Kameras zogen ein und ich fing mit meiner Selbstständigkeit an. Wie aufregend! Ich darf das machen, was mich glücklich macht, und zwar mich künstlerisch austoben in der besten Gesellschaft mit mir so lieben Tieren. Ich habe natürlich mit Hunden, mit denen meine Erfahrungen am größten waren, und Katzen angefangen, da diese mir vertrauter waren. Wieso ich damals noch keine Pferde fotografiert habe? Ich hatte davor tierische Angst …
Pferdewelt
Ich weiß nicht, wann ich so eine unglaubliche Angst vor Pferden entwickelt habe. Auf jeden Fall nicht in der Zeit, in der ich auf meinem Fahrrad, dem Friesen-Hengst, durch die Gegend zog. Da war die Welt noch in Ordnung. Aber danach fühlte ich einen unglaublich großen Respekt vor den gigantischen Tieren. Mir wurde allerdings klar, dass in meiner aktuellen Wohn-Gegend der Weg an Pferden nicht vorbeiführt. Ich wohne in Schleswig-Holstein, dem gefühlten Pferde-Universum Deutschlands. Ich wusste nichts über Pferde und auch der Zugang zu Pferdemenschen äußerste sich als ganz schön schwer. Als Hundebesitzerin wird man ganz schnell in verschiedenen Hunde-Gruppen aufgenommen, aber als nicht-Pferdebesitzerin findet man kaum Zugang. Und nicht, weil ich es nicht wollte. Am Anfang war diese Welt wie verboten für mich. Kaum jemand wollte mich in seine Welt lassen. Es war sehr, sehr schwierig am Anfang, aber dann besuchte ich die ersten Pferdefotografie-Workshops und internationale Reisen zu dem Thema und startete schließlich auch mein großes Pferdefotografie-Projekt im Moor, das #moorspecial (darüber schreibe ich noch einen eigenen Artikel). Schließlich haben mich meine Pferdemädels auch selbst verifiziert als die Fotografin, die ihre Pferde ablichten durfte. Aber ich muss auch zugeben, die Pferdefotografie ist sooo anders als die von Hunden. Diese Erfahrungen durfte ich aber erst dann machen.
Von der großen Angst zur großen Liebe
So wie ich mir nicht sicher bin, wann die Angst vor Pferden angefangen hat, so bin ich mir auch unsicher, wann ich angefangen habe sie zu lieben. Ihre Art hat mir mehrmals gezeigt, was für unglaubliche Wesen sie sind. Und ja, in den schwierigen Seelenzeiten standen sie mir ebenfalls zur Seite und ich behaupte, in den dunkelsten Moment haben sie mir, neben meinen Hunden, das Leben gerettet. Unsere Haustiere sind wirklich besonders und das sollten wir uns immer wieder ins Bewusstsein rufen. Dieses bedingungslose Vertrauen und die Liebe, die sie uns schenken, ist einmalig auf dieser Welt und kann wahrscheinlich nur mit der Liebe unserer Kinder verglichen werden. Ich hatte schon immer das Gefühl, ich schulde den Tieren dafür etwas und mit meinem Talent möchte ich ihnen etwas zurückgeben.
Das Wilde in jedem Tier
Ich habe wirklich viele unterschiedliche Arten der Fotografie ausprobiert und ein Bereich hat mich besonders gefangen. Meine Intuition und Empathie dafür zu nutzen, Tiere so zu zeigen, wie „sie“ wirklich sind und nicht, wie wir sie sehen. Das hat manchmal zu Ergebnissen geführt, die nicht im Einklang mit den Wünschen meiner Kund:innen waren, aber nach und nach haben sie auch eingesehen, was ich mit meiner Botschaft erreichen möchte. Es gibt so viele wunderbare Fotograf:innen, die unglaubliche Porträtist:innen sind oder perfekte Verkaufsfotos erschaffen. Für mich war es immer wichtig, die Individualität des Tieres zu zeigen, aber auch das Ungezähmte und Wilde. Oft höre ich über meine Fotos, dass sie eine große Sehnsucht nach Freiheit ausstrahlen. Und so geht es mir oft mit den Tieren, die ich ablichte. Sie zeigen uns so viel mehr als wir wahrnehmen können, besonders, wenn wir ihnen erlauben, sich für kurze Zeit von den gesellschaftlichen und vor allem menschlichen Regeln zu befreien. Das geht auch in einem geschützten Raum, wo niemandem etwas Schlimmes passieren kann.
Die Kund:innen, die verstehen
In den letzten Jahren durfte ich wunderbare Menschen in meinem Leben kennenlernen, die die gleiche Leidenschaft wie ich gegenüber den Tieren verspüren. Ich könnte nicht dankbarer sein für all die Personen, die mir erlauben ihre Tiere genauso abzulichten, wie sie auch in der wilden Natur wären. Für Frühaufsteher und die Personen, die mit mir um die Welt reisen, um genau diese Magie zu finden, habe ich ein besonders großes Stück meines Herzens reserviert. Aber auch genau diese Menschen strahlen für mich die gleiche Sehnsucht nach Freiheit aus wie ihre Tiere. Es ist etwas Besonderes Gleichgesinnte zu treffen, die noch dazu eine unglaubliche Bindung mit ihren Tieren haben. Die verstehen es halt. Die verstehen ihre Tiere, die sehen sie und erlauben mir meine Vision auszuleben. Genau diese Personen bleiben lange noch nach dem Fotoshooting in meinem Herzen. Genau euch möchte ich mit meinem Handwerk erreichen.
Ein langer Weg
In den 12 Jahren Selbstständigkeit war mir mein Weg noch nie so klar wie heute. Endlich konnte ich mutig genug sein, um mich klar zu definieren und somit euch auch besser zu zeigen, was wir alles magisches und Besonderes erschaffen haben und noch erschaffen können. Ich bin so gespannt auf all meine zukünftigen Projekte mit euren Tieren und eurem Vertrauen. Ich bin mir aber auch bewusst, dass der Weg erst jetzt so richtig anfängt. Jetzt, wo mein Kopf und Herz offen sind für dieses wunderbare Ziel. Eure Tiere, mit all ihren wilden und ungezähmten Facetten zu zeigen und damit auch eure Bindung zu dokumentieren. Eure Geschichten zu erzählen, mit meinen Augen, offen für die Freiheit in euch. Wenn du dich angesprochen fühlst, wenn ich über dich diesen Blogbeitrag geschrieben habe, dann komm doch mit auf diese Reise. Du bist meine Seelenkund:in und ich deine Seelenfotografin.
2 Antworten
Es gibt nur einen Weg im Leben, nämlich den des Herzens!
Wie wundervoll, dass Du Deinen Weg, trotz Hürden, gehen konntest und immer wieder Dein Herz gespürt hast!
Das hat Dich zu der Künstlerin gemacht, die ich kenne, die ich schätze!
Danke für diesen schönen Beitrag 🙏
Ich weiß nicht wie ich es mir verdient habe DICH in meinem Leben zu haben aber das war womöglich das größte Geschenke das mir je passieren könnte. Danke dass es dich gibt liebe Insa <3