Der Tag neigt sich dem Ende zu. Man spürt bereits den nahenden Herbst: Es wird abends kühler, und die frische Luft belebt. Doch mir ist warm, und ich fühle mich ganz beseelt. Ich liege auf einer Weide, umgeben von wunderbaren Seelen – Menschen-, Pferde- und Hundeseelen. Vor Freude und Dankbarkeit könnte ich weinen für das, was ich gerade empfinde. Ich bin hier mit meiner Seelenkundin, und darf sie und ihre Herde fotografisch begleiten. Es ist perfekt, ohne perfekt sein zu müssen.
Zweifel und Herausforderungen
Diese Woche bin ich etwas traurig. Ich habe erneut an einem Wettbewerb teilgenommen und nicht gewonnen, obwohl ich meine besten, mir so wichtigen Bilder eingereicht hatte. Die Jury ahnt nicht, welche Hürden ich dafür überwinden musste und welche emotionalen wie auch physischen Herausforderungen dahinterstecken. Genau deshalb scheue ich oft Wettbewerbe – man entblößt seine Seele und wird leicht abgewiesen, wenn ein paar Menschen finden, dass etwas nicht ihren Vorstellungen entspricht. Die Enttäuschung mischt sich mit Zweifeln: Sind meine Fotos und bin ich so gut, wie ich dachte? Oder täusche ich mich selbst?
Wer ruft, wird erhört
Die letzten Jahre haben so viel Veränderung mit sich gebracht. Ich wollte, dass das anerkannt und gesehen wird, dass diese leise Stimme draußen und die laute Stimme in mir erhört wird. Und das geschah tatsächlich – doch nicht durch die Jury des Wettbewerbs, sondern durch eine wunderbare Kundin, die mich unter Tausenden Fotografen in diesem Land ausgewählt hat. Nicht wegen Preisen, Prestige oder Auszeichnungen, sondern wegen dieser leise-lauten Stimme, die mit ihrem Herzen in Einklang war. Schon beim Lesen ihrer Anfrage standen mir Tränen in den Augen. Sie hat mich gehört. Jana hat mich gefunden.
Jana und die Herde
In unserem Kennenlerngespräch erzählte Jana von ihren “Jungs” – liebevoll nannte sie alle Rassen und Größen ihrer Pferde und sprach über ihr Zuhause. Ich lauschte und hätte vor Freude weinen können, denn alles entsprach dem, was in meinem Herzen tanzte: Freiheit, unaufgestellte Momente, pures Storytelling, und ich durfte ganz ich selbst sein und alles einfach auf mich wirken lassen. Es war jedoch noch besonderer: Es sollte die allererste fotografische Begleitung für diese Herde werden.
Herausforderung und Perfektionismus
Als mir klar wurde, dass dies Janas erstes Fotoshooting überhaupt sein würde, bekam ich kurz kalte Füße. Würde sie enttäuscht sein von meiner Art, wie ich heute fotografiere? Viele meiner Stammkunden haben mich in den letzten Jahren aufgrund meiner Entwicklung verlassen. Doch ich wusste, ich möchte genauso fotografieren – ohne gestellte Posen, ohne ständige Korrekturen, ohne „Ohren nach vorne“-Rufe. Ich wollte mir treu bleiben.
Die Geschichte der Herde
Am Abend unserer fotografischen Begleitung holte mich Jana ab. Auch hier, in Schleswig-Holstein, kann man Seelenkundinnen finden! Der Weg zum Stall war kurz, doch lang genug, um etwas über meine „Models“ zu erfahren. Die Geschichte von Jana und ihrem Tivon war beeindruckend – ein langer, steiniger Weg voller Standhaftigkeit und nie aufgeben, auch wenn es schwierig war. Und diese endlose Liebe, die ich später mit eigenen Augen sehen durfte. Gleichzeitig hatte ich großen Respekt vor der Herde, die durch schwere Erfahrungen geprägt war, und war froh, dies gehört zu haben, um mich besser auf sie einlassen zu können.
Keine Spektakularität mehr
Im Auto erzählte ich Jana von meiner Philosophie, dass ich Fotos unaufgestellt machen möchte. Ich möchte das wahre „Ich“ zeigen und nicht hochglanzpolierte Tiere. Sie solle keine steigenden Pferde erwarten, es würde insgesamt ruhiger zugehen. Damit war Jana völlig einverstanden und freute sich schon auf das, was kommen würde. Doch hinter mir saß jemand, der uns bald zeigen wollte, wie lebendig es auf einer Weide werden kann.
Das Treffen mit der Herde
Nachdem ich in letzter Zeit so viele kleine Ponys fotografiert hatte, war mir etwas mulmig, gleich auf fünf Jungpferde zu treffen, davon drei in voller Größe. Die ganze Zeit dachte ich: Bleib ruhig, zeig keine Angst – auch wenn es eher Respekt ist – sei du selbst, die Herde wird dich erkennen. Und so war es. Die Herde begrüßte uns in epischer Formation, und die Kennenlernzeit begann. Es war magisch, aufregend für alle, und plötzlich fiel mir mein kleiner Helfer Pecco ein, der bald die Dynamik der Herde aufzeigen sollte.
Eine ganz gemischte Herde
Pecco ist Janas Hund, ein stolzer junger Kerl mit vielen reinrassigen edlen Vorfahren, verspielt und gleichzeitig schützend. Doch auch die anderen Jungs der Herde fühlten sich für Janas Schutz verantwortlich, und so begann ein verspieltes Kräftemessen zwischen Hund und Pferden um ihre Aufmerksamkeit – einfach herrlich.
Voller Energie über die Weide
Einem jungen Hund und einem Jungpferd muss man nicht zweimal sagen, wenn es um einen Energieaustausch geht! So begann eine dynamische Phase, in der wir freien Galopp der gesamten Herde erlebten – und sogar die „Steigebilder“, die ich nie mit einem Halfter hätte aufnehmen können. Es war wundervoll, diese Bewegung zu begleiten, umso mehr, da die Pferde aus eigenem Antrieb mitmachten. Es war einfach magisch.
Stille und Ruhe
Doch auch stille Momente folgten. Ich durfte die Herde kennenlernen und in ihrem eigenen Tempo Vertrauen gewinnen. Einige brauchten mehr Zeit, andere mehr Aufmerksamkeit, und manche kamen einfach neugierig, um den neuen Gast auf der Weide zu beschnuppern. Es war so entspannt, dass auch ich irgendwann auf der Weide lag und meine Seelenbilder kreieren durfte.
Janas unauffällige Begleitung
Was mich besonders berührte: Jana ließ mich im wahrsten Sinne des Wortes in Ruhe fotografieren. Sie zog sich zurück, lauschte dem Wind und genoss die letzten Sonnenstrahlen. Es war herrlich, sie in diesen Momenten unbemerkt fotografieren zu können. Nur einmal bat ich sie, sich zu den Pferden zu setzen, und sie agierte so natürlich und liebevoll, dass ich kaum Worte dafür finde. Jana strahlte eine tiefe Verbundenheit zu ihren Jungs aus.
Die Herde, die auf Jana aufpasst
Doch es war nicht immer Jana, die zu den Pferden ging. Die Pferde suchten oft ihre Nähe auf der Weide. Besonders der Herdenchef Tivon wollte allen zeigen, dass dieses Mädchen ihm gehört. Diese energetische Umarmung von Tivon berührte mich tief. Selten sieht man so eine Verbundenheit in so kurzer Zeit.
Eine Freundschaft, die man lange suchen muss
Jana war nicht die Einzige, die Tivons Aufmerksamkeit auf sich zog. Es wurde mir erst später klar, dass Tivon immer wieder nach Pecco suchte, pferdische Signale sendete, die Pecco nicht immer verstand. Umgekehrt sprach Pecco „hündisch“ zu Tivon, forderte ihn zum Spielen auf. Auch wenn sie unterschiedliche Sprachen sprechen, entstehen zwischen ihnen Momente wahrer Freundschaft. Leichtes Anstupsen, warmes Hauchpusten ins weiche Fell des anderen – wieder erfüllte mich tiefe Dankbarkeit, diese besondere Freundschaft dokumentieren zu dürfen.
Ein Abend voller Wunder
An diesem Abend durfte ich so viele kleine und große Geschichten fotografisch begleiten. Ich fuhr mit fast 3000 Bildern nach Hause, wissend, dass das Sortieren schwer wird. Dieser Tag war magisch, bis zur letzten Sekunde. Noch nie hatte ich einen so großen Mond gesehen. Meine Angst, dem ersten Fotoshooting etwas Besonderes zu geben, war unbegründet, denn der Tag war von sich aus perfekt. Von der Schönheit dieser fotografischen Begleitung steigen mir noch immer Tränen in die Augen, und mein Herz ist voller Dankbarkeit dafür, dass Jana mich für diese Aufgabe ausgewählt hat.
Epilog
Nun sitze ich am PC und sortiere die Fotos. Es sind so viele schöne dabei. So viele, die genau das zeigen, was ich zeigen wollte: Verbundenheit, die wunderbaren, wilden Seelen von Mensch und Tier und ihre Geschichten. Diese fotografische Begleitung werde ich nie vergessen. Sie fühlte sich an wie Nachhausekommen, und ich kann Jana nicht genug dafür danken, dass sie mir diese Momente anvertraut hat. Keine Auszeichnung der Welt könnte mein Herz so mit Liebe erfüllen wie diese Begegnung. Danke, Jana.